Rundbrief im Mai 2020
Dieses Schreiben soll informieren, welchen neuen Herausforderungen sich die Pflasterstube unter der Corona-Krise stellen muss.
Unsere drei Mitarbeiterinnen, Frau Ute Feibicke-Vogt als Leiterin und die beiden Basispflegerinnen, Frau Beate Steinfeld und Frau Cornelia Nettmann, führten die bekannten notwendigen pflegerischen Tätigkeiten, unter Beachtung der wichtigen Schutzmaßnahmen, durch, ohne sich selbst und auch Betroffene in Gefahr zu bringen. Was dies bei dieser heterogenen Menschengruppe bedeutet, ist wohl leicht verständlich. Deshalb ist auch die Feststellung, dass bisher kein an Covid-19 erkrankter Betroffener von der Straße und auch im St. Ursulaheim bekannt ist und aus diesem Grunde auch auf eine Quarantäne bisher verzichtet werden konnte. Mit wieviel Fragezeichen muss diese Aussage bedacht werden. Es gab ja bisher keine Testung bei den uns bekannten Obdachlosen. Und wie notwendig wäre dies gerade bei den oft schwer Erkrankten, die auch schwer zu diagnostizieren sind. Zudem leben sie in den Notunterkünften eng auf einander, sechs in einem Dreibettzimmer. Wegen der Internationalität fehlt oft die notwendige Verständigung.
Abstand halten von 1,5 bis 2 Meter bleibt wohl ein Wunschdenken. Auch unsere Polizei wird von diesem nicht zu ändernden Zustand wissen und verzichtet wohl deshalb, verordnete Maßnahmen zu überprüfen um dann gezwungen zu sein, Menschen, denen bei der Bewältigung dieses Notstandes nicht geholfen werden kann, noch zu verwarnen.
Nun wird es auch für jeden verständlich, dass eine Quarantäne verordnet werden kann, aber nicht durchführbar ist, und gar nicht erst überprüft werden sollte.
Bei der Pflege von den kranken Bewohnern im stationären Bereich ist es kaum möglich, den nötigen Abstand einzuhalten. Deshalb müssen Mund-Nasen-Schutz, ein Schutzkittel und Handschuhe dabei helfen sowie regelmäßiges Desinfizieren. Verstärkte Hygienemaßnahmen sind fast lebensnotwendig.
Die aufsuchende Arbeit mit dem Pflastermobil, das jetzt wahrhaftig das einzigen Gesprächs-Untersuchungs- und Behandlungszimmer wurde, nach Kehl, Lahr, Offenburg und auch bis Ende April im Erfrierungsschutz, hat und wird weiter zunehmen.
Anfänglich waren die Menschen in den Notunterkünften sehr verunsichert, Deshalb wurden Gespräche und erklärendes Informationsmaterial immer wichtiger. Erst dann wurden die Schutzmaßnahmen, wie Desinfektion und Mund- und Nasenschutz akzeptiert und bald zeigten sich auch viele Zeichen der Dankbarkeit, über die wir uns auch verständlicherweise freuten, und die uns auch die manchmal frustrierende Arbeit erleichterte.
Die Einrichtungen außerhalb des St. Ursulaheims wurden von den Mitarbeiterinnen nicht betreten.
Die ambulante medizinische Betreuung beschränkte sich hauptsächlich auf Wundbehandlung, Verbände wechseln und neue anlegen. Besonders waren offene Beine zu behandeln. Ausgabe von Schmerz- und Erkältungsmedikamenten, Fieber messen, Notfallmedizin und Einweisungen in Ambulanzen. Mit den eingeschränkten Mitteln versuchen, Infektionserkrankungen zu erkennen.
Ärzte und Fachärzte können aufgesucht werden. Wie immer werden die oft kurzfristig möglichen Termine von uns verabredet.
Dies alles konnte von unserem Pflasterstubenteam gemeistert werden. Leider müssen die ehrenamtlichen Ärzte, die sonst zum Team gehören, auf Grund von Risikoerkrankungen, zurückstehen. Die administrative Arbeit im Vorstand nimmt zu und wird mit vermehrter Kommunikation per Telefon und Mail gemeistert. So können wir wenigsten der aktiven Arbeit mit Rat und Tat hilfreich zur Seite stehen.
Zahnärztliche Behandlungen waren bisher nur bei Notfällen möglich, Seit kurzem aber können auch wieder normale Zahnbehandlungen erfolgen.
In der Wohnungslosenhilfe wurden viele Bestimmungen, wie Abstandsmarkierungen und Tragen des Mundschutzes bei geringerem Abstand eingehalten.
Die Wärmestube gibt warmes Essen für die Menschen auf der Straße aus, gekocht von den Gaststäten Engel, Gugelhupf und Gewerbeakademie. Einmal pro Woche kocht Frau Steinfeld ein Essen bei sich zu Haus, das dann in der Wärmestube verteilt wird. Dabei wird immer auf strengste Hygieneregeln und Einhalten des Abstands geachtet. Geduscht kann dort weiterhin werden und die Kleiderkammer ist geöffnet.
Die Spenden waren im letzten Jahr erneut sehr hoch. Das wird in diesem Jahr, wo ja sehr viele der Klein- und Mittelbetriebe vor großen finanziellen Schwierigkeiten stehen, sicher ganz anders aussehen. Dann könnten wir, Gott sei Dank, auf unser Polster zurückgreifen.
Unsere Mitarbeiterinnen sind bisher zu unserer Freude und Erleichterung gesund geblieben, obwohl Masken und Schutzkleidung kaum vorhanden waren. In den letzten Tagen hat sich das aber erfreulicherweise geändert. Die Damen der Narrenzunft der Ortenau haben uns bisher 120 selbstgenähte Masken geschenkt. Bei Bedarf wollen sie wieder zusammensitzen und uns weiter unterstützen. Ebenfalls Masken spendeten die Feuerwehr und der Förderverein des Klinikum Kehl.
Axel Richter, Loretta Bös. Hannes Schadeberg, Ute Feibicke- Vogt und Rolf Geiger